Im Kernkraftwerk Philippsburg


Besuch der Kl. 10b–d u. 9c vom 13. – 16. Juni

Schon vor Schulbeginn saßen wir in unserem Regionalexpress 12054 und erwarteten einen schönen Tag: eine romantische Bahnfahrt am Neckar entlang und über den Rhein, ein Klassen­ausflug sowie eine Exkursion in ein Großkraftwerk. Vom Bahnhof Philippsburg liefen wir den langen Weg durch die Kulturauen bis an den Altrhein, das war nochmals ein zusätzlicher Wandertag. Die beiden Kühltürme des Kernkraftwerks waren Ziel und Wegweiser. An den vier Tagen waren wir Eberbacher wohl die einzigen Besucher, denn das Interesse an der Kernkraft ist gesunken. Modelle, Exponate, Schautafeln und Experimente empfingen uns im InfoCenter, Herr M. Maurer von der EnBW (Energie Baden-Württemberg AG) hat uns gekonnt informiert und geführt.

Die Geschichte des Kernkraftwerks Philippsburg (seit 1979 in Betrieb), den derzeitigen Be­trieb der Anlage (nur der Druckwasserreaktor arbeitet noch) und die Stilllegung (späte­stens 2019 gem. Atomgesetz i. d. F. von 2011), aber auch die vielen baulichen und technischen Details möchte ich hier gerne übergehen. So wurden wir hineingenommen in die verworrene und schier unlösbare Gemengelage aus technischer Entwicklung, Anforderungen einer modernen Industrie­gesellschaft, wirtschaftlichen Berechnungen und der Politik, die mehr bemüht ist, diese Pro­bleme zu lösen, als dass sie diese z. Zt. auch tatsächlich lösen kann.

So soll von dem 2011 stillgelegten Block 1 der Kühlturm alsbald abgerissen werden, denn der Betrei­ber braucht den Platz, um dort den Konverter für den Höchstspannungsgleichstrom aus den Windkraftanlagen an der Nordsee zu bauen; doch die Stromtrassen aus dem Norden sind nicht vor 2025 zu erwarten. Die Politik schiebt die Errichtung eines Endlagers für den Atom­müll seit Jahrzehnten vor sich her, so dass die Brennelemente auf unbestimmte Zeit in den Zwischen­lagern der Kraftwerke ver­bleiben, und für schwach- und mittelradioaktive Abfälle wird in Philippsburg gerade ein neues Stand­ortlager errichtet. Vom Rückbau der Anlage war in dem Vor­trag noch gar nicht die Rede.

Eine willkommene Unterbrechung für unsere Gruppe war die Werksbesichtigung. Im Gänse­marsch sind wir über eine hohe Wendeltreppe in den Kühlturm gestiegen. Durch die runde Öffnung schien uns der Himmel zum Greifen nah, und in dem großen Rund unten ergaben sich herrliche Echo-Effekte. Nach einer ausführlichen Sicherheitskontrolle und Leibesvisitation durf­ten wir sogar in das Maschinenhaus, wo die Turbinen und der Generator (1.468 MW) brum­men, ein Klang wie geistliche Musik in einer technischen Kathedrale. Altershalber war uns der Zugang zum Reaktor­gebäude leider verwehrt, so dass wir mit einer Kameraschaltung vorlieb nehmen mussten.

Trotz der schwachen Ertragslage der Energiekonzerne gab es reichlich Saft und Mineral­wasser, nach dem Rundgang wurde der Besuch sogar mit einer Brezel aufgehübscht. Die Ab­schluss­diskussion ließ die vielen Probleme, und das weit über die Physik und den Schulunterricht hinaus, noch einmal passieren. Der Konzern EnBW hat gerade erst die Streichung von 400 Stel­len verkündet, und es sollen nicht die letzten gewesen sein. – Wir danken unserem Herrn Maurer für seine Führung und wünschen ihm weiterhin viel Glück in Philippsburg.

 

R. Klingbeil

 

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