Turing-Preisträger zu Besuch am HSG
Mittwochmorgen am Hohenstaufen-Gymnasium. Die Aula ist proppenvoll: Oberstufenschüler, einige Lehrer, ein Grüppchen Ehemaliger warten gespannt auf Professor Dr. Robert Tarjan, den HSG-Mathelehrer Dr. Matthias Hauck als „einen der größten Mathematiker unser Zeit“ ankündigt. Schon zum dritten Mal ist es Hauck gelungen, einen Teilnehmer des seit einigen Jahren in Heidelberg stattfindenden Laureate-Forums nach Eberbach zu holen, das den Austausch zwischen der mathematischen Weltelite und jungen Nachwuchswissenschaftlern fördern will. Tarjan, soeben aus Heidelberg eingetroffen, betritt den Saal, hängt seine Jacke über einen Stuhl, krempelt die Ärmel hoch. Leinwand und Beamer braucht er nicht. Stattdessen wünscht er sich eine Tafel auf der Bühne, um den Zuhörern seine Ausführungen ganz klassisch, per Hand, zu illustrieren. Hauck informiert die Zuhörer kurz über die Vita des Gastes, nennt die Stationen der wissenschaftlichen Laufbahn des 69-jährigen Kaliforniers und seine diversen Professuren an amerikanischen Universitäten. „Robert Tarjan ist Erfinder von Algorithmen“, erklärt Hauck, „das sind Handlungsanweisungen, mit denen Computer mathematische Probleme Schritt für Schritt lösen können.“ Das Publikum erfährt von den diversen Wissenschaftsorganisationen, denen Tarjan angehört, und von den zahlreichen Preisen, mit denen er ausgezeichnet wurde, darunter dem Turing Award, der, vergleichbar dem Nobelpreis in anderen Fachgebieten, als höchste Auszeichnung in der Informatik gilt.
Dann hat der Professor das Wort. Er will zeigen– auf Englisch, versteht sich –, wie relevant Algorithmen im täglichen Leben sind. Tarjan zeichnet einen Punkt für Heidelberg und einen zweiten für Eberbach an die Tafel. Dazwischen schlängelt sich kurvenreich der Neckar. Nun geht es beispielsweise um die Frage: Wie komme ich auf dem kürzesten Weg von einem Ort zum anderen? Klar, die Map-App auf dem Handy wird es richten, „GPS zeigt uns den Weg“. Doch wie funktioniert das? Anhand von Zeichnungen und Formeln erläutert Tarjan, wie die Wegbeschreibung aufs Smartphone kommt. Fragen? Keine. Vor den Augen der gespannt lauschenden Schüler entwickelt Trajan weitere Handlungsanweisungen, immer darauf aus, sein junges Publikum aus der Reserve zu locken. Eine Schülerin wagt eine Detailfrage. „Meinst du etwa, mein Algorithmus sei falsch?“, fragt der Professor augenzwinkernd zurück. Der Saal lacht, und Tarjan scheut keinen Rechenaufwand, um die Zweifel zu zerstreuen.
„Informatik und Computerwissenschaften sind junge Fächer“, erklärt er zum Schluss. „Da gibt es für die von euch, die sich für Mathematik interessieren, noch jede Menge zu tun“, will er seine Zuhörer motivieren. Applaus wird laut.
Warum er den Vortrag vor Schülern hält, wo er doch sonst auf ganz anderem Niveau unterrichtet? „Ich möchte den Jugendlichen die Botschaft rüberbringen, dass Mathematik etwas Wunderschönes ist“, sagt Tarjan.
Und was nehmen die Schüler aus dem Vortrag mit? „War sehr interessant“, sagt ein Schüler beim Verlassen der Aula. „War super erklärt“, findet das Grüppchen der Ehemaligen. „Ich hab’s nicht so mit Mathe“, bekennt ein Mädel. „Aber interessant war’s schon, so jemanden mal zu erleben.“
Matthias Hauck ist zufrieden. „Es geht mir nicht darum, dass die Schüler alles verstehen“, sagt er, „sondern dass sie die Faszination erleben, die so eine hochdekorierte Persönlichkeit ausstrahlt.“ Das scheint ihm gelungen.
Fotos und Text:
Barbara Nolten-Casado
(27. September 2017 )
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